FUNKTIONSKIEFERORTHOPÄDIE (FKO) – NATURHEILKUNDE IN DER KIEFERORTHOPÄDIE
Aktualisiert: 16.03.2015

Zur Entwicklung:
Die Tätigkeit aller Mundmuskeln
formt die wachsenden kindlichen Kiefer. Stillen ist das erste Training dafür. Bei mangelndem Gebrauch wachsen die Kiefer zu wenig, und bei falschen Abläufen z.B. des Schluckens, die durch zu große Schnuller angewöhnt werden können, wachsen sie falsch. Die medizinische Seite der Kieferorthopädie, die eigentliche Orthopädie, soll gesunde Kau- und Mundraumfunktionen (wieder-)herstellen, und wieder richtig wachsen lassen, was falsch gewachsen ist. Dazu gibt es in Europa einen Erfahrungsschatz, wie das Kieferwachstum so zu beeinflussen ist, dass es sich durch die Kräfte des Patienten selbst normalisiert: die Funktionskieferorthopädie (FKO). FKO-Zahnspangen (zumeist Doppelkieferspangen) nutzen als Kraftquelle also nur die Mundmuskulatur ihres Trägers, und unterliegen deren Regelkreisen. Dadurch sind schmerzhafte oder gar schädliche Überlastungen der Gewebe praktisch ausgeschlossen.
Von den hier beschriebenen FKO-Zahnspangen wirken manche wie eine „Form“ für die wachsenden Kiefer und Zahnreihen, während andere die Reize mehr muskulär vermitteln (Zunge, Lippe, Wange; Atmung). Teils kommen zusätzlich Übungen zur Anwendung, in der Art von Krankengymnastik (Physiotherapie – besonders hilfreich bei verspäteter Progenie-Behandlung).
Auch abwegige Zahnstellungen können damit normalisiert werden. Besonders, wenn sie von Kiefer-Fehlwuchs, -Unterentwicklung (Hypotrophie) oder Fehlhaltungen und Fehlfunktionen herrühren. Aber auch erbliche und sonstige angeborene Fehlstellungen, die etwa 20% aller Fälle ausmachen, sind mit manchen FKO-Geräten beeinflussbar.
Das Behandlungsergebnis ist bei dieser Art Naturheilverfahren „fast natürlich gewachsen“ und dadurch stabiler als ein von „künstlichen“ Kräften geformtes. Um ein solches gegen Rückfall (Rezidiv) zu sichern, wurden geklebte Retainerdrähte (Permanentretainer) verbreitet, die die konkaven Innenflächen der Frontzähne einer jahrelangen Kariesgefahr aussetzen. Nicht nur ist deren Zahnschmelz dünner als der der Außenflächen, sondern rückstandsfreies Entfernen eines Kleberetainers kann dort überdies eine Rille hinterlassen!
Leider werden solche Gesundheitsaspekte heute durch Lobbyarbeit und aggressives Marketing hinter die kosmetische Seite und die High-Tech-Seite der Kieferorthopädie zurückgedrängt (mehr dazu: im Alternativen-Kapitel). Auf „Wer schön sein will/soll, muss leiden“ folgt: „Wer sich zu Material degradieren lässt, darf sich nicht wundern, später ausgemustert zu werden“.

VERSCHIEDENE FKO-SYSTEME IM EINZELNEN:
Dabei handelt es sich zumeist um nebeneinander existierende Systeme, jedes mit seinem theoretischen Hintergrund, seinen Stärken und Schwächen.

Anwendungsbereich: alle Bissanomalien, aber auch Engstände können mit geeigneten Arten von FKO-Geräten korrigiert werden, sofern noch ausreichend Wachstum vorhanden ist. Je stärker das Wachstum, d.h. je jünger der Patient ist, um so schneller oder umfangreicher kann es auf schonende Weise beeinflusst werden. Mit geeignet ausgelegten FKO-Geräten können selbst ungünstige Wachstumsrichtungen der Kiefer normalisiert werden, auch bei vertikalem Gesichtswachstum (dolichofazial).
Auch bei Erwachsenen noch aussichtsreich sind FKO-Geräte zur:
1. Beinflussung der Muskulatur zur Entlastung bei Kiefergelenkbeschwerden oder gegen muskuläre Fehlfunktionen, z.B. Knirschen (Bruxismus),
2. Umsetzung von Muskelkräften für bestimmte Zahnbewegungen, insbesondere die Behandlung von Deckbiss (erhöhter Overbite). Hierbei stehen die Schneidezähne oft einwärts (retrudiert; Lingualkippung), was eine Zwangsführung des Unterkiefers erzeugen kann (Zwangs-Rückbisslage).

Bisslagekorrektur bei Erwachsenen mittels FKO?

Die vorgenannten, durch Zahnstellung oder Kiefer-Enge bedingten Zwangsbisse bessern sich mit Behebung dieser Ursachen.
Anders das Gros der skelettalen Bissanomalien, zumeist Rückbisslagen, die auch bei geraden Frontzähnen auftreten können und dem Laien nicht immer auffallen.
Selbsttest auf skelettale und zwangsgeführte Anteile einer falschen Bisslage:
Mund ganz weit öffnen, ganz langsam schließen und beim ersten Kontakt anhalten. Dies ist die unbeeinflusste Kieferstellung! Dann beim weiteren Schließen erspüren, wohin die Zähne den Kiefer lenken (wobei geringfügige Auslenkungen normal sind).
Die Korrektur von skelettalen Fehlbissen braucht Änderungen im Kieferknochen oder -gelenk, wie oben genannt durch Beeinflussung von Wachstum. Auch erwachsenener Knochen baut sich noch auf und ab, überdies am Kieferkamm doppelt so schnell wie anderswo. Insofern ist eine funktionskieferorthopädische Bisslagekorrektur, die in der Wachstumsphase versäumt wurde, im Prinzip auch noch beim Erwachsenen möglich, jedoch langwierig und mit unsicheren Erfolgsaussichten.

Erfahrene Ganzheitliche können Fälle solcher Bionator-Behandlungen vorweisen.
Bei ausgeprägten Rückbisslagen von einer vollen Prämolarenbreite gilt es jedoch den anfänglichen Behandlungsfortschritt zu prüfen und abzuwägen, ob Normalbiss erreichbar scheint. Denn falls nicht, dann wäre für das Kauvermögen ein Belassen der Distalokklusion günstiger, als wenn die Kiefer-Korrektur bei 1/2 Prämolarenbreite Distalbiss zum Stillstand käme, da diese einen ungünstigen Kopfbiss der Seitenzähne darstellt.
Bestätigt wird die Möglichkeit, Rückbisslagen auch noch beim Erwachsenen zu korrigieren, durch Erfolge der Propagierer des fest eingebauten und daher hinderlichen und nicht ungefährlichen Herbst-Scharniers.
Profitabler und mit ganz anderen Risiken wurde in Deutschland die chirurgisch-kieferorthopädische Kombinationsbehandlung im Erwachsenenalter verbreitet. Besonders im Oberkiefer, über dem die Nasenwege und die empfindlichen Kieferhöhlen liegen, ist eine solche Knochen-Durchtrennung (Osteotomie) eine sehr belastende Operation.

GÄNGIGE FUNKTIONSWEISE (siehe Fallbeispiele für Behandlungsverläufe):
Zumindest die starren Arten der FKO-Geräte bringen den Unterkiefer in eine korrigierte bis überkorrigierte, geöffnete Lage („Konstruktionsbiss“). Ist diese Lageveränderung stark, so ändert sie in kurzer Zeit den Regelkreis für die Haltung des
Unterkiefers, auch bei 15/24h- oder gar nur nächtlichem Tragen. Diese Korrektur des Regelkreises wirkt beim „Gesundwachsen“ mit, besonders wenn durch Überkorrektur auch der Zusammenbiss gehemmt ist. Dieser Effekt vermeidet beim Kauen unangenehme Spitze-zu-Spitze-Zahnkontakte durch Zahnstellungen, die beim Übergang von falscher zu richtiger Verzahnung auftreten können.
Einige FKO-Geräte sind so geformt, dass sie auf einem Kiefer einrasten oder sich abstützen, während andere lose im Mund liegen. Vorschubplatten (7) werden mit den üblichen Halteklammern gut verankert.

STARRE WACHSTUMSFÖRDERNDE GERÄTE

(1) Aktivator nach Andresen und Häupl (um 1930)
Dieses älteste, robuste FKO-Gerät ist - in volumenreduzierten, weniger sprachbehindernden Bauformen als früher - auch heute noch verbreitet. Jahrzehntelang war „erst Platten, dann bei Biss-Anomalie Aktivator“ der Standard-Behandlungsablauf im deutschsprachigen Raum und anderswo.
Die im oberen und vorderen Gaumenbereich offene, im Unterkiefer eingerastete Bauform erfüllt bei minimaler Sprachbeeinträchtigung die genannten Funktionen, während die völlig front-offene Bauform nach Klammt (EOA = elastisch-offener Aktivator, Plastik-Seitenteile mit vielen Verbindungsdrähten) nicht so betriebssicher dabei ist, die Frontzähne gegen gegenläufige Kippung zu sichern.
Der Aktivator stützt den Unterkiefer in vorgezogener Lage am Oberkiefer ab und nutzt dabei im Wesentlichen die Ruhespannung der gedehnten Kaumuskulatur. Diese Haltung bewirkt ein allmähliches „Vorwachsen“ des Unterkiefers durch Veränderungen im Gelenk und im Winkel zwischen waagerechtem und aufsteigenden Kieferast. Je nach Positionierung des Unterkiefers durch den Konstruktionsbiss hemmt die Gegenkraft das Oberkiefer-Wachstum mehr oder weniger stark.
Überdies eignet sich der Aktivator zum vertikalen Ausgleich der Zahnbögen in Fällen mit offenem Biss oder umgekehrt mit erhöhtem vertikalem Überbiss (Overbite), also bei Deckbiss / Tiefbiss . Dazu läßt man die nachzuwachsenden Zonen (Front- oder Seitenzahnbereich) freistehen, während die übrigen auf den Plastikkörper aufbeißen und dadurch im Wachstum gehemmt werden.
Mit zusätzlichen Abstützdornen versehen, kann der Aktivator bereits die zweite Phase des Zahnwechsels zur Bisslagekorrektur nutzen und dabei die Seitenzähne gleich in ihre passenden Positionen dirigieren, auch in der Vertikalen, so dass sich gesunde Stützzonen entwickeln. Er kann auch eine mittige Nachstellschraube oder bei Bedarf Segmentschrauben enthalten.
Ein schrittweise nachstellbarer UK-Vorschub (bei starken UK-Rücklagen von >1 Prämolarenbreite) bzw. Rückschub (bei Progenie, schwieriger) ist mit dem U-Bügelaktivator nach Karwetzky möglich. Eigentlich ein Doppelplatten-Gerät, besteht er aus OK- und UK-Aufbissplatte, die hinten innen durch zwei große, biegbare Drahtschlaufen verbunden sind.
Empfohlene Tragezeit: 12/24 – 14/24 h.

(2) Bionator nach Balters
Die „Ganzheitliche Kieferorthopädie“ zielt darauf ab, Ursachen von Kiefer- und Zahnfehlstellungen ausfindig zu machen und sie durch Unterstützung körpereigener Kräfte zu beheben.
Im deutschsprachigen Raum (D, A, CH) folgt die ganzheitliche Kieferorthopädie vor allem dem Werk von Prof. Wilhelm Balters, der Fehlhaltungen oder Fehlfunktionen der Zunge, der Lippen oder des ganzen Körpers als Ursachen identifizierte, in erster Linie die Mundatmung.
Als Behandlungsmittel reduzierte er die seinerzeit klobigen Aktivatoren zum Bionator und änderte auch ihre wenigen Drahtelemente. Bionatoren haben einen Zungenbügel und einen Lippenbügel, um den Patienten zur richtigen Zungen- und Lippenhaltung anzuregen. Dann weitet die Zunge den zu engen Oberkiefer (unterstützt durch die rückwärtigen Schlaufen des Lippenbügels, die den Wangendruck abhalten), und die geschlossenen Lippen kippen durch Fehlfunktionen vorgekippte Schneidezähne wieder zurück.
Neben dem Bionator-Grundgerät (gegen Unterkiefer-Rücklage mit oder ohne Engstand) gibt es das Abschirmgerät (gegen offenen Biss, Plastik schirmt die Zunge ab) und das Umkehrgerät (Drahtanteile verändert, gegen Vorbiss).
Empfohlene Tragezeit: original ganztägig (bedeutet: außer beim Essen, Reinigung, Sport), in manchen Fällen genügt halbtags und nachts.

(3) Funktionsregler nach Fränkel (FR)
Dieser merkwürdige Gerätetyp basiert auf den damals bekannten Wirkungen von raumgreifend großen Mundvorhofplatten. Er vermittelt die Kieferkorrektur ausschließlich über Weichgewebe, und dieses „Workout“ muss mit einem Aufbautraining beginnen: zunächst muss die haltungsschwache Muskulatur durch zunehmendes Tragen des Gerätes tagsüber genug gestärkt werden (Lippenschluss ist unbedingt erforderlich). Dann erst kann der korrekte „Betrieb“ auch nachts erfolgen.
Prof. Fränkel betrachtete UK-Rücklagen als Resultat einer Haltungsschwäche. Ein beim entsprechenden Funktionsregler-Typ hinter die UK-Front ragendes Schild dient nicht etwa als Abstützung, sondern lediglich zur Reizauslösung gegen nächtliches Absinken des Unterkiefers, der bei diesem Gerätetyp bei Bedarf auch schrittweise vorverlagert werden kann, damit die ihn haltende Muskulatur sich entwickeln kann.
Der Mundraum wird nicht eingeengt, und eine besonders hohe Langzeitstabilität der Ergebnisse dieser langsam wirkenden Methode ist nachgewiesen.

Anders als beim Bionator werden die Kiefer nicht nur durch den Andruck der Zunge und Abhalten des Wangendrucks geweitet, sondern durch aktive Zugwirkung der großflächigen Wangen- und kleineren Lippenschilde auf die Knochenhaut wird das Knochenwachstum angeregt. Dazu müssen die Schilde 2-3mm vom Kiefer wegstehen. Die Lippenschilde können überdies noch nachgestellt werden, und die Abstützdrähte sind so angeordnet, dass sie ein Breitenwachstum zulassen.
Funktionsregler wirken bemerkenswert gegen Engstände. Wenn beim Wechsel der Schneidezähne eine volle Zahnbreite Platz fehlt, oder auch schon, wenn sich solche Enge im Milchgebiss abzeichnet, kann sie mit dem FR nicht nur durch Breitenwachstum behoben werden, sondern oft gibt das gesundete Kieferwachstum sogar noch Platz für die Weisheitszähne her. Was in geringerem Ausmaß allerdings auch bei anderen ganzheitlichen Behandlungsmitteln, z.B. Bimler, Bionator oder konfektionierten Trainern zu beobachten ist. Ein Kriterium für besonders „gesunde“ KFO-Methoden?
Im einzelnen ist der Funktionsregler Typ 1 gegen Engstand bei Neutralbiss und horizontalem Überbiss und Typ 2 bei Deckbiss indiziert (erfordert zuvor eine aktive Aufrichtung der OK-Front), während Typ 3 Ober- statt Unterlippenschilde aufweist und zur Progenie-Frühbehandlung bewährt ist, also gegen UK-Überentwicklung und /oder OK-Unterentwicklung.

DETAILS Funktionsregler 3 (FR 3) zur Klasse 3-Behandlung (Vorbiss, Progenie)

In einer Umfrage von 1999 war der FR 3 in Deutschland noch das bevorzugte Mittel zur Progenie-Frühbehandlung, insbesondere bei Oberkiefer-Unterentwicklung. Heutzutage droht stattdessen eine verrohte Brachial-Frühbehandlung mit Gaumennahtsprengung und Gesichtsmaske, die im allgemeinen Trend zu Schnelltöter-Methoden verbreitet wurde, da die Behandler bei Folgeschäden oder Rückfall (Rezidiv) nicht haften.

So muss, wer heute blind sucht, oft nicht nur einen 2., sondern einen 3., 4. usw. Behandler fragen (siehe HILFEN-Kapitel). Viele wissen nicht mehr, wieviel auf sanftem Wege erreichbar ist, oder wollen „Hängepartien“ ausschließen.
Jedenfalls regt
der FR 3 den Oberkiefer durch Zugreize seiner Schilde risikolos zum Vorwärts- und Breitenwachstum an, indem er die Weichteile vom Knochen abspreizt. 6 mm Verbreiterung sind erreichbar (ggf. mit Dehnplatte oder Bertoni-Platte vorarbeiten).
Anders als „Brutalgeräten“ sieht man diesem Gerät seine Funktionsweise aber nicht an. Also: mit einem Draht hinter der OK-Front werden die Schneidezähne zunächst vorgekippt, damit sie vor die unteren beißen. Danach werden die Oberlippenschilde des Geräts weiter vorgezogen. Der Knochen wächst in diese Richtung nach, die vorgekippten Zähne stellen sich dabei wieder mehr senkrecht.
Am unteren Zahnbogen liegt der FR 3 dagegen eng an, um dessen Wachstum zu hemmen. Der Mundinnenraum ist fast frei, so dass der FR 3 kaum beim Sprechen hindert. Die Eingewöhnungszeit ist kürzer als bei Typ 1 und 2. Dabei können Druckstellen auftreten (nichts gegen die Leiden, die feste Einbauten verursachen können), besonders, wenn die Tiefe der Schilde nicht gemessen, sondern nur geschätzt wurde. Sie sind dann an diesen Stellen zu kürzen. Würde man sie von vornherein rundum kürzer bauen, verlöre das Gerät seine Wirkung.
Empfohlene Tragezeit für Funktionsregler:
original ganztägig, in manchen Fällen genügt nachmittags und nachts.

DYNAMISCHE WACHSTUMSFÖRDERNDE GERÄTEtragezeitfreundliche „sportliche“ Funktionskieferorthopädie

Diese Zahnspangen sind anders als vorgenannte nicht starr. Sie regen ihren Träger zu vermehrter Mundmuskeltätigkeit an, zumeist über den „Kaugummieffekt“. Dadurch werden die Dehn- und Korrekturelemente dieser Geräte gegen die Zähne bewegt und vermitteln den Kiefern formende Reize. Die Geräte müssen gelegentlich den bereits erfolgten Wachstums- und Formungsvorgängen nachgestellt werden, jedoch nie so weit, dass sie wie aktive Platten bereits in Ruhe Druck ausüben. So wird im Vergleich zu starren FKO-Geräten ein schnellerer Behandlungsfortschritt trotz geringerer täglicher Tragezeit beobachtet, auch durch Massage-Effekte, die die Durchblutung der Zahnhaltegewebe anregen und damit den Stofftransport für den gewünschten Gewebeumbau bzw. -zuwachs fördern. Dieses risikolose „sportliche Vorantreiben“ der Behandlung bei „realistischen“ täglichen Tragezeiten wäre besonders für ältere Jugendliche von Interesse.

(4) Elastischer Gebissformer nach Bimler (hierzulande historisch – siehe Fallbeispiele für Details)
Diese nach dem 2. Weltkrieg mit begrenzten Mitteln ersonnene Geräte-Serie ist nach dem Prinzip einer gefalteten Ellipse federnd elastisch konstruiert, so dass die Zahnbögen Halbellipsen ähneln. Gebissformer setzen die Mundbewegungen in eine 3-dimensionale Kieferkorrektur samt Platzgewinn um, und bei sorgfältigem Nachstellen entsprechend integrierter Drahtfinger durch den Arzt auch in Einzelzahnkorrekturen.
Es gibt ein eigenes, farbiges Diagnostikverfahren, das im Fall von vertikalem Schädelwachstum (dolichofazial) keine härteren Methoden, sondern einen passend gebauten Gebissformer und so viel Zeit vorsieht, wie diese gering intensive Behandlung dann brauchen wird.

Dicke tragende und dünne korrigierende Drahtelemente werden durch kleine Plastikflügel zusammen gehalten. Die grazilen Bimler-Geräte sind sehr hygienisch und in 3 Serien ausgelegt, wobei die Standard-Serie (Bimler A) für 90% der rechtzeitigen Fälle die Wahl wäre. Ergänzt wird sie durch eine Deckbiss- (B) und eine Progenie-Serie (C), die vertikalen Kaudruck in eine Vorkippung der einwärts geneigten OK-Front bzw. in Unterkiefer-Rückschub umsetzen.

Serien-übergreifend gibt es einen Satz von Varianten.
H.-P. Bimler zeichnete individuelle Wachstumskurven des Platzgewinns über die laufende Behandlungszeit auf. Zeigen diese unzureichenden Platzgewinn, dann wäre eine Entscheidung für Zahnextraktionen experimentell begründet, statt an Mittelwerten. Anschließend führte die „Bimler-extra“ Variante zum Lückenschluß und Einordnen hochstehender Eckzähne, mit stabilen Ergebnissen ohne Spitzkiefer. Während heute schon Kinder, die seit einem Alter von 7 Jahren beobachtet wurden, in eine verstümmelnde Extraktions-Behandlung hineinlaufen sollen, oder mit Horrormethoden bedroht werden. Die alte Methode „Serienextraktion nach Kjellgren“ datiert indessen aus einer Zeit, in der sich nur Wohlhabende Zahnspangen leisten konnten.

Dass der Gebissformer nur dann Platzgewinn bewirkt, wenn Bedarf besteht, zeigte Bimler exemplarisch an zwei ähnlichen Fällen, wovon einer dehnungsbedürftig war und der andere nicht (H. P. Bimler, Fortschr. Kieferorthop. 45 (1984) 33-44). Ihre Wachstumskurven mit den Bimler-Geräten zeigen entsprechend beim ersten Fall Expansion und beim zweiten nicht. Die Information über den korrekten Zustand war demnach im System des Patienten vorhanden, nur war seine Ausprägung gehemmt. Das mag auch für die 20% der Anomalien gelten, die angeboren sind. Das Abbauen dieser Entwicklungshemmnisse ermöglicht die Selbstheilung. Ein altbekannter naturheilkundlicher Ansatz, der auch der ganzheitlichen Kieferorthopädie zugrundeliegt. Das Behandlungsergebnis ist ein „stabiles System“, ohne rückfallträchtige Überkorrekturen.

Bei der Variante „Bimler-hypo“, die sich durch eine Nachstellschraube auszeichnet, wird dementsprechend empfohlen, diese dann, wenn genug Kieferbreite erreicht ist, aus dem Plastik zu sägen und durch die übliche Omega-Feder (Coffin-Feder) zu ersetzen.
Empfohlene Tragezeit: außer zur initialen Progeniebehandlung genügt oft nachts

(5) Konfektionierte Trainer und Behandlungsmittel mit elastischen Material-Anteilen
Hierfür stand in Deutschland einst das klobige Doppelplatten-Gerät „Kinetor nach Stockfisch“ Pate, bei dem Schlauchstücke in der Kauebene aufgefädelt waren.
Mit Tragezeit-Vorgaben von nachts und nur 2 Stunden tagsüber erwies es sich erstaunlich wirksam.

Seit der Verbund von modellierbaren Elastomeren mit dem Acrylat-Plastik möglich wurde (primär als weichbleibende Zahnprothesen-Unterfütterung), lässt sich damit auch die Wirkung ansonsten starrer FKO-Geräte verstärken, ohne sie klobiger oder fragiler zu machen.
Hiervon könnten Spätbehandlungen von Deckbiss, Tiefbiss oder von offenem Biss profitieren, durch elastische Überhöhung des frontalen oder des posterioren (endständigen) Aufbisses, sowie entsprechende Korrekturen einzelner zu lang gewachsener Zähne.
Gewusst wie, könnten auf diese Weise mit geringem Labor-Mehraufwand Behandlungen beschleunigt oder Tragezeit-freundlicher gestaltet werden, und würden dennoch risikoarm bleiben.

Nicht so gezielt und individuell, aber geläufiger (u.U. auch zur Selbsthilfe) findet man diese Effekte auch bei konfektionierten Trainern. Ihr Anwendungsspektrum hängt an ihrem Spektrum von Typen und Größen, das bei marktführenden Fabrikaten geringer erscheint als bei Kaukraft Kiefer-Formern, aber auch dort noch Potenzial hätte.

(6) FGB-Gerät (function generating bite) nach Bracco (Turin-Gerät)
Dieses eher kleine „Schwebende-Bleche-Gerät“ aus ansonsten klassischen Materialien hat nur wenige federnde Anteile. Es wirkt durch seine starke Anregung von Zunge und Kaumuskeln dynamisch.
A
nders als ein Bionator ist ein Turin-Gerät in seinen Varianten tragezeitfreundlich, anders als Bimler-Gebissformer ist es robust und anders als Konfektionstrainer grazil, siehe auch Funktionskieferorthopädie-Galerie und Ganzheitliche Kieferorthopädie international.
Das optimale Zeitfenster, um damit eine falsche in eine gesunde Bisslage zu überführen, ist leider schlecht Krankenkassen-kompatibel (Stand 2015): nämlich dann, wenn die Seitenzähne wechseln. Nur Progenie-Behandlung wäre, wie üblich, schon früher zu initiieren.
Obendrein
ist dieses fortschrittliche Behandlungsmittel anders als die alten keine Freeware, was seine Verbreitung ebenfalls hemmt.

ZWEI GERÄTE IN EINS:
(7) Vorschubplatten (VDP) / Rückschubplatten (RDP), bzw. Vorschubdoppelplatten / Rückschubdoppelplatten, siehe auch Fallbeispiele:
Die Idee, Platten ineinander greifen zu lass
en oder beweglich aneinander zu koppeln, um zusätzlich zu ihrer Einzelkiefer-Wirkung auch Vorschub des Unterkiefers zu bewirken (bzw. auch Rückschub, oder Mittellinienkorrektur bei Kieferschwenkung), hat zahlreiche Konstruktionen hervorgebracht. Umfangreich untersucht wurde die Sander II Vorschubplatte, bei der die Vorschubstreben frontal an einer Dehnschraube angebracht sind.
Komfortabler sind die seitlich gekoppelten Pro-Stab-Platten. Diese Konstruktion schränkt auch die weitere Bestückung der Platten kaum ein, z.B. sind Bertoni- oder Fächerdehnschrauben hier möglich, so dass Platzbeschaffung, Zahnstellung und Bisslage simultan bearbeitet werden können. Andererseits können solche Platten auch ohne die Pro-Stäbe getragen werden: ein Vorteil, wenn die Platte für den schwerer betroffenen Kiefer zusätzliche Stunden am Tag getragen werden soll, oder wenn ein Kiefer und die Bisslage schon fertig behandelt in die Retentionsphase gehen.

Sander wiederum entwickelte eine schraubbare Lösung für das anspruchsvollere Problem des Unterkiefer-Rückschubs: die Sander III Rückschubdoppelplatte. Anders als ebenfalls schraubbare, klobige Formen von Progenie-Aktivatoren kann sie auch die oft benötigte Kieferweitung leisten.

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ENGLISH EXAMPLE of functional treatment suggestions (find the mentioned appliances above)

A request and reply: LATE CASE CLASS 3 TREATMENT Dear zzzz family,
>our daughter who is now 14. ... wearing a vertical pull headgear with a chin-cap at night and over weekend...
++Besides, class 3 treatment (lower jaw stands before upper) would have been easier in younger age – which does, unfortunately, by no means protect against primitive brute-force methods.
>She is scheduled to start the full treatment in the near term which includes full braces and unfortunately a reverse pull headgear (facemask) .
++The expression „full treatment“ for use of fixed braces, as if removables would be insufficient anyway, already signifies how much knowledge about the latter HAS BEEN LOST!
>Our daughter has been shown and explained what appliances will be required .. is absolutely terrified of what to expect as she has had a difficult time adjusting to the simple chin-cap. She is now terrified that when she get her facemask and although we tried to 'calm her down' she is not convinced
++She has the right feeling! Do not fool her by calming her down. Better and healthier methods do exist!
>...that her doctor may change the treatment. We spoke briefly to her doctor but he wants to proceed soon fit fitting her with bands and then using four to six elastics from the facemask
++He has not informed her about treatment alternatives because as many others, he only knows this single, profitable method. So you should find another doctor, who knows healthier and more dignified methods and can continue the treatment. Find platforms of holistic providers in the more frequently updated link list.
To focus your search, you should try to get addresses of doctors from headquarters of certain methods. The KEY to success in late cases, and 14 jears is LATE for class 3 treatment, are dynamic appliances, e.g. class III trainers, but preferably individually made devices . They make efficient use of the patient´s own forces, so that any pain and damage is avoided, and they do not require full-time wear. By this strong „exercise effect“ they work more effectively than rigid appliances as the Fränkel 3 or double plate devices, which also use just oral forces. Combination with myofunctional therapy is further helpful.
In contrast, a face mask can damage the jaw joints, because 2/3 of the counter force applies to the chin. Also, consider the danger of relapse. How would the corrected jaw position better stay stable for life? If forced into shape by strong external forces, or if shaped by the patient´s forces alone, which are re-directed by a dynamic appliance (find more in the functionals´ gallery)?
If you find an appropriate doctor farther away from you, this would not be much trouble because functional treatment may require appointments just every 2-3 months, and bears no danger of emergencies.
If your search takes time, do not get urged. Postpone upcoming schedules until the situation is clarified. You and your children have a RIGHT to be well informed about different methods, to give your informed consent. It would be better to pass 10 phone calls or e-mails, than to see your child suffering for months or years and to saddle it with a risk of longtime damage and relapse.

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